Die Kartäuser

Die Kartäuser (lat. Ordo Cartusiensis, Ordenskürzel: OCart) sind ein katholischer Orden, der die eremitische mit der monastischen Lebensweise verbindet und der auf den Heiligen Bruno von Köln zurückgeht. Ihr Wahlspruch ist: Stat crux dum volvitur orbis (Das Kreuz steht fest, während die Welt sich dreht).

 

Der Ursprung

Ein Ruf: Der heilige Bruno

«Zum Lob der Herrlichkeit Gottes hat Christus, das Wort des Vaters immer schon durch den Heiligen Geist Menschen auserwählt, um si in die Einsamkeit zu führen und sie sich in inniger Liebe zu vereinen. Als Antwort auf diesen Ruf begab sich der Heilige Bruno im Jahre 1084 mit sechs Gefährten in die Einöde der Chartreuse und siedelte sich dort an.»
Statuten I.1

Wer war Bruno?

Er wurde um 1030 in Köln geboren und kam schon früh als Student an die Kathedralschule von Reims. Er macht ein Doktorat, wird Kanoniker des Kathedralkapitels und wird 1056 zum Schulmeister d.h. zum Rektor der Universität ernannt. Er war einer der bedeutensten Gelehrten seiner Zeit: «...eine kluger Mensch mit tiefgehender Rede».

Er fühlt sich immer weniger wohl in einer Stadt, in der Missstände von Seiten der hohen Geistlichkeit und selbst des Bischofs nicht fehlen. Nachdem er diese Missstände mit einem gewissen Erfolg bekämpft hat, fühlt Bruno den Wunsch nach einem Leben, dass ausschließlicher nur Gott gegeben ist.

Nach einem kurzen Versuch einsamen Lebens, begibt er sich in die Gegend von Grenoble. Der heilige Hugo, Bischof von Grenoble, bietet ihm einen einsamen Ort in den Bergen seiner Diozese an. Im Monat Juni des Jahres 1084 führt der Bischof höchstpersönlich Bruno und seine sechs Gefährten in das wilde Tal der Chartreuse, das dem Orden seinen Namen geben wird. Hier errichten sie ihre Einsiedelei. Sie besteht aus einigen Holzhütten, die durch einen überdachten Gang verbunden sind, der es ihnen erlaubt ohne zu sehr dem Wetter ausgesetzt zu sein die Gemeinschaftsräume, die Kirche, den Speisesaal, und den Kapitelsaal zu erreichen.

Nach sechs Jahren friedlichen Einsiedlerlebens wurde Bruno von Papst Urban II als Berater nach Rom berufen. Seine Gemeinschaft hatte anfangs keine Hoffnung ihr Leben ohne ihn fortsetzen zu können und dachte daher daran, sich zu trennen. Schließlich jedoch ließen sich die Mönche überzeugen, das Leben, für das er sie geformt hatte fortzusetzen. Aber Bruno, jetzt Ratgeber des Papstes, fühlt sich nicht zu Hause am päpstlichen Hof. Er bleibt nur einige Monate in Rom. Mit dem Einverständnis des Papstes errichtet er mit einigen neuen Gefährten eine neue Einsiedelei in den Wäldern Kalabriens in Süditalien. Hier stirbt er auch am 6. Oktober 1101.

   Ein Zeugnis seiner Brüder von Kalabrien:

«Bruno war lobenswert in vielen Dingen hauptsächlich jedoch darin, dass seine Seelenstimmung immer unveränderlich blieb. Das war seine Besonderheit. Er zeigte immer ein fröhliches Gesicht und eine bescheidene Rede; mit der Festigkeit eines Vaters verband er die Zärtlichkeit einer Mutter. Niemand fand ihn überheblich sondern sanft wie ein Lamm.»

 

Die erste Regel: Guigo

«Andere Einsiedeleien enstanden nach dem Muster von Chartreuse, und auf vielfache Bitten hin verfaßte Guigo, der fünfte Prior von Chartreuse, eine Beschreibung ihrer Lebensweise (die sogenannten “Bräuche” oder Gewohnheiten von Chartreuse, die etwa aus dem Jahr 1127 stammen). Alle nahmen diese Regel an und beschlossen, sie zur Richtschnur ihrer Lebensform und zum gemeinsamen Band der Liebe innerhalb ihrer entstehenden Ordensfamilie zu machen.»
Statuten I.1

Nachdem im Jahre 1132 eine Lawine die erste Einsiedelei sowie sieben der Mönche unter sich begraben hatte, ließ derselbe Guigo die Einsiedelei am heutigen Standort der Grande Chartreuse wiederaufbauen.

Die Entstehung des Ordens: St. Anthelm

«Unter Anthelms Priorat trat 1140 das erste Generalkapitel zusammen, dem sich alle Häuser des Ordens, einschließlich das von Chartreuse, für immer verbindlich unterstellten.»
Statuten I.1

Das Jahr 1140 markiert also die offizielle Entstehung des Kartäuserordens, der damit seinen Platz unter den großen monastischen Institutionen des Mittelalters einnimmt.

Die Nonnen

«Ungefähr um die gleiche Zeit beschlossen die Nonnen von Prébayon in der Provence, Regel und Lebensweise der Kartäuser anzunehmen.»
Statuten I.1

Diese institutionelle Anbindung erfolgte gegen 1145, womit der Grundstein für den weiblichen Zweig der Kartäuserfamilie gelegt war.

So verlief die Entstehung unseres Ordens.

 

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Kart%C3%A4user

http://www.chartreux.org/

Ausbreitung und Studium der Kartäuser in Mitteleuropa(Sönke Lorenz)

Sönke Lorenz- Ausbreitung und Studium der Kartäuser in Mitteleuropa
Aufsatz zum Thema Ausbreitung und Studium der Kartäuser in Mitteleuropa.
Ausbreitung und Studium in Mitteleuropa
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Das Kartäuser Kloster Ahrensbök(Schleswig Holstein)

Geschichtlicher Überblick

5.1 Stiftung, Gründung, Besiedlung, Inkorporation

Um das Jahr 1280 kam es in Ahrensbök bei Lübeck (Pfarrei Gnissau) zur Gründung einer Wallfahrtskapelle, nachdem dort ein Schafhirt ein wundertätiges Marienbild in einer Buche aufgefunden hatte. Zu Pfingsten 1328 bestimmte Graf Johann III. der Milde die Stiftung der selbständigen Pfarrei. Im Zuge der Rückeroberung der vom Dänenkönig Waldemar IV. besetzten Insel Fehmarn legten 1357 drei verbündete holsteinische Grafen das Gelübde ab, zu Ehren der Jungfrau Maria in Ahrensbök ein Nonnenkloster zu errichten. In der testamentarisch verfügten Stiftung des Lübecker Domherrn Jacobus Crumbeke fand dieses Anliegen 1387 zur Errichtung eines Prämonstratenserinnenklosters eine bedeutende Förderung. Doch bestimmte Herzog Gerhard von Schleswig mit Einwilligung Bischof Eberhards von Lübeck und Crumbekes Testamentsvollstreckern, dass in Ahrensbök ein Kartäuserkonvent errichtet werden sollte. Der Ort sei für ein Kloster des Prämonstratenserordens nicht ausreichend. Am 7. Dezember 1397 wurde die Gründung der Ahrensböker Kartause in Gegenwart der Prioren von Erfurt, Eisenach und Hildesheim vollzogen. Der Lübecker Bischof sicherte zu, die Güter des Klosters in seinen Schutz zu nehmen zu wollen. Er inkorporierte die Pfarrkirche der Kartause und schenkte eine größere Geldsumme. Das 1398 in Seiz (Steiermark) tagende Generalkapitel bestimmte Heinrich von Eschwen, Profess von Erfurt und Gründer der Kartause Hildesheim, zum Gründungsrektor in Ahrensbök. Die Besiedlung erfolgte durch die Häuser Erfurt, Würzburg und Hildesheim.1399 wurde mit der Inkorporation des Marientempels in den Kartäuserorden Rektor Johann von Hoya zum Prior ernannt.

 

5.2 Hoch- und Spätmittelalter

Da die Mönche eine Pfarrkirche übernommen hatten, mussten sie für die Seelsorge Rechnung tragen. Dazu setzten sie einen Weltpriester als presbyter oder plebanus ein. Die Kartäuser besaßen gegenüber dem Lübecker Bischof das Vorrecht, den Priester jederzeit absetzen zu können und einen Mann ihres Vertrauens mit der Seelsorge zu beauftragen. Die erhaltenden Fragmente des Memorien- und Wohltäterbuchs geben Einblick in die Stiftungsfreudigkeit vieler Gläubigen. Ein Ablassbrief der Lübecker Bischöfe von 1508/11 sicherte all denen den Erlass von zeitlichen Sündenstrafen zu, die vor dem Hochaltar der Klosterkirche und dem Marienbild auf diesem Altar fünfmal das Gebet des Herrn sowie das Ave Maria andachtsvoll beten.

Der heilige Bruno von Köln

Braut des Lammes
Braut des Lammes

Marquard Behr, letzter Prior der Karthause Marienehe bei Rostock

Der Karthäuser=Orden war im J. 1086 von dem später heilig gesprochenen Chorherrn Bruno von Rheims, aus Cöln stammend, gestiftet, indem er sich, bei der wachsenden Sittenverderbniß der Welt, mit sechs Gefährten in die wilde Gebirgswüste La Chartreuse bei Grenoble zurückzog, um hier ein enthaltsames, arbeitsames und andächtiges Einsiedlerleben in klosterähnlicher Form zuführen.

Dies ist der Ursprung des strengen Karthäuser=Ordens, welcher von dem Stammsitze La Chartreuse den Namen erhielt und sich langsam, aber weit und sicher über ganz Europa verbreitete. Jedes Kloster stand unter einem Prior; alle Klöster aber, welche in (17) Provinzen getheilt waren, standen unter dem Prior der Mutterkarthause La Chartreuse, welcher General des Ordens war.    


Der Orden zeichnete sich vor allen andern durch große Strenge, Enthaltsamkeit, Tüchtigkeit und Bildung aus. Außer den herkömmlichen Mönchsgelübden hatten die Mönche die Pflicht eines ewigen Stillschweigens, einer zurückgezogenen Einsamkeit, einer unverbrüchlichen Mäßigkeit, einer unverdrossenen Arbeitsamkeit und einer ungeschminkten Frömmigkeit; sie mußten, mit Ausnahme weniger, gewisser kurzer Zeiten, beständig schweigen, und wenn sie redeten, möglichst kurz und nur das Nothwendigste sprechen, vorherrschend allein in der einfachen Zelle weilen, das Kloster ohne besondere Erlaubniß nicht verlassen, unablässig arbeiten und sich aller Fleischspeisen gänzlich enthalten. Sie beschäftigten sich mit Hand= und Feldarbeit, vorzüglich mit der Wissenschaft und mit Bücherabschreiben 1 ), außer mit dem vorgeschriebenen Gottesdienste.

Was aber dem Orden einen so hohen Ruhm verlieh, war, daß er mit stets gleicher Gewissenhaftigkeit unverbrüchlich seine Ordensregel bewahrte, während die andern Orden im Laufe der Zeiten ihre stiftungsmäßigen Vorschriften immer mehr und mehr vernachlässigten und ein Loch nach dem andern in ihre Satzungen machten.

Daneben aber war das Leben der Karthäuser, nach dem sich nach und nach ihre Einsiedeleien zugeschlossenen Klöstern ausgebildet hatten, weder angenehm und gemüthlich, indem ihnen, bei aller Strenge und Enthaltsamkeit, doch manche Bequemlichkeit, Annehmlichkeit und Freiheit in Wohnung, Umgebung und Beschäftigung gestattet ward. Alle zeichneten sich durch eine gewisse Milde und Ruhe, durch geistige Bildung und ächt christliche Frömmigkeit aus, und daher war ihr Ansehen und ihr Ruf größer und reiner, als anderer Orden.
Aber die Festigkeit und Reinheit ihrer Regel war unverbrüchlich und die Strenge gegen Abtrünnige, Entlaufene und Und gehorsame hart und unerbittlich. Frauenklöster gab es wenig; im Laufe der Zeit wurden sie ganz verboten.

Der Umgang mit Weibern war ganz untersagt; selbst Beichte durften sie Weibern nicht abnehmen 1 ). Die Karthäuser waren dem Umgange mit der Welt für immer entzogen und kamen nie wieder aus ihrem engbeschränkten Gebiete.

Quelle

Die Kölner Kartause

Aus einem Text über die Kölner Kartause, die mitten in der Stadt Köln lag, geht hervor das sich die Kartäuser den Erfordernissen dieser für Kartäuser unüblichen Lage, an die Situation angepasst haben.

 

Und so wie die Kölner Kartause im 14.Jh gegründet worden ist, so ist auch das Kartäuserkloster vor der Dammstadt Hildesheims gegründet worden, welches dann sogar im 16.Jh innerhalb der Stadt seinen Platz fand.

 

So können wir vielleicht ein paar Gemeinsamkeiten aus diesem Text der Kölner  Kartause in Bezug auf die Hildesheimer Kartause ableiten, was die alltägliche Praxis und den Alltag der Mönche betraf.

  

Kleine Unterschiede – in der Kölner Kartause war alles ein bißchen anders

 

Die ersten Gründungen des Kartäuserordens hatten vieles gemeinsam: Sie lagen in
unwirtlichen Gebieten, weit ab von jeder Zivilisation, mußten sich darum selbst versorgen.

 

Fleisch wurde ohnehin nicht gegessen, also wurde allenfalls Milchvieh gehalten. Gemüse,
Kräuter, Getreide, Obst und Wein wurden selbst angebaut – meist in den Gärten der
Mönche, die immer zur "Zelle", dem kleinen Häuschen des ermitenhaft lebenden Mönchs
gehörten.

Kontakte zur Außenwelt gab es so gut wie nie, Besuche von Freunden waren
ungern gesehen, mit Familienangehörigen durften die Mönche sich ein paarmal im Jahr
treffen, mehr als ein Brief pro Monat war nicht gestattet.

 

Das alles ist übrigens noch heute so, rühmt sich der Kartäuserorden doch, niemals reformiert worden zu sein, weil er nie deformiert wurde – nachzulesen etwa bei Wilibald Bösen, dessen Buch "Auf einsamer Straße zu Gott" von zahlreichen – nur unter großen Schwierigkeiten arrangierten – Begegnungen mit Kartäusermönchen in heutiger Zeit erzählt.

 

Das abgeschlossene Klostergelände ist für Außenstehende normalerweise tabu – auch die
Friedhöfe, auf denen nur Mönche begraben sind, bleiben unzugänglich.

Ein Kartäusermönch schweigt zwar nicht ständig, aber meist doch rund 23 Stunden am Tag, betet, meditiert und arbeitet, "mit dem Blick auf Gott sucht und hütet er die Einsamkeit, selbst nicht zum Zwecke der Seelsorge verläßt er seine Zelle." (Bösen)

 

Und da kam Erzbischof Walram von Jülich 1334 auf die Idee, ein Kartäuserkloster mitten in
Köln zu gründen!

Die Schwierigkeiten waren vorprogrammiert: "Der Rat der Stadt Köln war
nicht begeistert von einer weiteren Ordensniederlassung" (Rita Wagner in: Die Kölner
Kartause um 1500, Aufsatzband zu der 1991 vom Evangelischen Stadtkirchenverband Köln,
der Stadt Köln und dem Kölnischen Stadtmuseum veranstalteten Ausstellung).

Grund für die Bedenken seitens der Stadt waren die vielen Sonderrechte für Orden – vor allem die Befreiung von Steuern. Aber auch, dass von den Kartäusern keinerlei Seelsorge zu erwarten war, sprach nicht für sie.

Trotzdem wurde dem Wunsch des Erzbischofs entsprochen. Die Kanoniker des benachbarten Stiftes St. Severin waren ebenfalls wenig begeistert:

Sie fürchteten Rivalitäten. Dazu kam es dann auch.

 

Aber erst einmal mußten die Kartäuser zahlreiche Ausnahmen von der Regel, von ihren
eigenen fest stehenden Ordensregeln schaffen – sonst hätten sie mitten in der Stadt nicht
überleben können.

Und die gingen weit: "... stellt man mit Erstaunen fest, daß die Kölner Kartäuser ungeachtet ihrer strengen Regeln gleichzeitig in regen Kontakten mit der Außenwelt standen [...] diese Symbiose ging so weit, daß man anzunehmen geneigt ist, die Kartause St. Barabara habe ein geradezu offenes Haus geführt", schreibt Werner Beutler in "Die Kartäuser und ihre Welt" und zeigt in seinem Aufsatz "Weltabgeschieden und weltzugewandt zugleich" einige dieser Faktoren auf, die aus der Kölner Kartause im 15. und 16. Jahrhundert ein "offenes Haus" machten.

 

Da ist zunächst einmal die Sache mit den Begräbnissen: Eigentlich durfte der Orden – weil innerhalb der Stadtmauern gelegen, zudem noch auf ehemaligem Besitz von St. Severin – nicht mehr als vier Tote pro Jahr beerdigen.
Die Kartäuser arrangierten sich mit St. Severin und entrichteten pro Bestattung einen Obulus
an die Nachbarn.

 

Beutler hat die zahlreichen Begräbnisse untersucht und festgestellt, dass "die Kartause von Bürgern aus allen Schichten als Begräbnisort gesucht war und deswegen Schenkungen erhielt."

Darum ging es: Das Stadt-Kloster konnte sich nicht wie die ländlichen Anlagen selbst versorgen – und brauchte Geld.

Um 1405 beispielsweise waren die Schulden so hoch, dass das Kloster kurz vor seiner Auflösung stand.

Zum Glück für die Kartäuser kam ihr Orden regelrecht "in Mode": Weil ihre Gebetsstunden schon um 22.30 Uhr beginnen, häufig und intensiv sind, wie auch, weil die Mönche - gerade im Mittelalter nicht selbstverständlich - als rundum integer galten, waren die Begräbnisstellen in der Kartause heiß begehrt.

Und reiche Bürger ließen sich diese Gräber aus Angst um ihr Seelenheil gerne viel Geld kosten.

 

Natürlich hatte die Hinwendung zu den Bürgern und ihrem Geldsäckel Konsequenzen für
das Mönchs-Leben: Die Toten wurden besucht, es muß einen regelrechten "Publikumsverkehr" gegeben haben. Außerdem galt das ehemalige Martinsfeld, auf dem das Kloster stand, als "heiliger Boden", dem Kloster wurden wertvolle Reliquien geschenkt –

all das zog ebenfalls Menschen an. Eine weitere "weltliche Öffnung" des Klosters hat Beutler
über die zahlreichen Beziehungen zur Kölner Universität nachgewiesen: Da spielte sicher
die wertvolle Klosterbibliothek eine große Rolle, doch viele Universitäts-Angehörige können
einfach als "Freunde des Hauses" bezeichnet werden.

 

Nach und nach bekam das Kloster Äcker, Wiesen und Weinberge im ganzen Rheinland
geschenkt – um die zu verwalten, mußten die Mönche ihre Zellen verlassen, reisen – und
sicher auch sprechen. Wie mit all den Besuchern, Stiftern und Familienangehörigen der
Toten, kurz: Es ist schwer vorstellbar, dass die Kölner Kartäusermönche ihren Ordensregeln
so zuverlässig nachkommen konnten, wie das in den ländlichen Kartausen der Fall war.
Wenn auch Werner Beutler im Gespräch betont, dass dies ein Phänomen aller in
Stadtgebieten gelegenen Klöster wie etwa Paris, Mailand oder Dijon war, so gilt doch auch
und vor allem für das Kloster in der Geburtsstadt des Ordens-Gründers, dass es zur
Ausnahme von der (Kloster-)Regel wurde.

 

Wahrscheinlich hätte Bruno dies gefallen, war er doch selbst eher ein unkonventioneller
Mann, der viel auf Maßhalten und Menschlichkeit unter den Brüdern hielt, wie er in einem
Brief schrieb: "wenn ein Bogen ständig gespannt ist, erschlafft er", womit er sich von
anderen Ordensgründern distanzierte, denen die unbedingte Einhaltung schwerer Ordens-
Gebote wie ständiges Fasten oder das strikte Schweigen ohne jede Unterbrechung wie bei
den Trappisten über allem stand. Das war niemals im Sinne Brunos. Darum hätte ihm die
"Kölner Lösung" seiner Idee als den Umständen angepaßte Variante bestimmt gefallen.

 

"Wenn uns dein Benehmen nicht gefällt, können wir dich wieder entlassen"

 

"Während man sich beriet und mit schwarzen und weißen Bohnen abstimmte, wartete ich in
der Kirche". Hier beschreibt ein Ordens-Anwärter der Kartäuser nicht nur seine ersten
Eindrücke sondern das knappe Jahr, das er in einer Kartause verbrachte - bevor er sie
wieder verließ. Was das Besondere ist: Er tut dies in einem Tagebuch, veröffentlicht von
Wilibald Bösen in "Auf einsamer Straße zu Gott" - eine authentische Quelle für alle, die sich
für das Leben der Kartäuser-Mönche interessieren. Alle Zitate in diesem Artikel stammen
aus diesem Buch.

 

Die Zählung der Bohnen ergab, dass die Mönche den Anwärter aufnehmen wollten: "Im
Namen Gottes und des Ordens nehme ich dich in unsere Gemeinschaft auf. Du bist frei, uns
wieder zu verlassen vor deiner Profeß, aber auch unsererseits können wir dich entlassen,
wenn uns dein Benehmen nicht gefällt."

Das sagt der "Chef" des Klosters, der Prior, zu dem Anwärter. "Profeß", das wäre die endgültige Aufnahme in den Orden. Doch bevor es dazu kommt, hat der Anwärter (oder die Anwärterin, denn seit 1229 gibt auch Kartäuserinnen) noch sieben Jahre Zeit. Und die sollten genutzt werden, um sich gründlich zu prüfen: "Nach einer Woche in der Zelle weiß ein Postulant, daß sein Leben in 20 oder 30 Jahren genauso aussehen wird wie das, was er im Augenblick führt.

Er kann daher bereits nach einer Probezeit von einem bis drei Monaten zur Einkleidung zugelassen werden", so die Ordensregel.

 

Der Anwärter schreibt weiter: "Die kleine Zeremonie endet damit, daß ich die weißen
Kartäuserstrümpfe und groblederne Schuhe anziehe ... sie verbinden den Neuankömmling
bereits zeichenhaft mit der Klostergemeinde.

Findet er, daß er sich getäuscht hat, braucht er nur Schuhe und Strümpfe auszuziehen und davon zu gehen." Bleibt er aber, kommt ein weiteres Kleidungsstück dazu: das "Cilicium", ein Bußhemd: "Dieses nur waschlappengroße, sackartige Gewebe aus groben widerspenstigen Roß- und Ziegenhaaren schien mir selbst als Symbol von geringem Wert. Doch wie habe ich mich getäuscht! Die beiden kleinen Lappen stechen, kratzen und zwicken bei jeder Bewegung." Kartäuser-Mönche sind eindeutig an dem schafwollenen, weißen Kapuzen-Überwurf zu erkennen, der aus je einer Stoffbahn vorne und hinten, seitlich verbunden durch  je einen Stoff-Streifen, besteht - sein Vorbild war das Gewand der französischen Bergbauern des 11. Jahrhunderts.

 

Selbstverständlich gelten auch für Neulinge die Schweigeregeln - und ein Kartäuser
schweigt die meiste Zeit des Tages, allerdings nicht immer: Zweimal in der Woche darf er -
in der Regel bei einem mehrere Stunden langen Spaziergang und jeden Sonntag im Klostergarten - sprechen.

Zwei Tage im Jahr darf ihn seine Familie besuchen, Besuche von Freunden muß der Prior eigens gewähren. Kartäuser fasten jeden Freitag und vom 14. September bis Ostern nehmen sie nur eine Mahlzeit zu sich, Fleisch zu essen, ist grundsätzlich nicht erlaubt. Und sie leben in vollständiger Armut, "Besitz macht unfrei, blockiert die Gedanken und das Herz".

 

Der Tag des Kartäusers beginnt gegen 22.30 Uhr mit Metten in der Kirche und wird von
ständigen, gemeinsamen Gebeten begleitet. Ein Kartäuser "hütet die Einsamkeit" - dies tut
er in seiner Zelle, in der er neben dem Beten in der Kirche die meiste Zeit verbringt. Als Ideal
gilt, ein Drittel seiner Zeit zu beten, ein Drittel zu arbeiten (im Garten oder in einer der
zahlreichen Werkstätten) und ein Drittel alleine zu verbringen - in der Zelle, beim Meditieren
und Schlafen.

 

Das Besondere an diesem Orden ist es, dass hier der Versuch gemacht wird, Einsamkeit
(Eremeitentum) zu verbinden mit brüderlicher (oder schwesterlicher) Gemeinschaft, einem in
Kirche und Großem Kreuzgang auch räumlich vereinten Leben in der
Glaubensgemeinschaft, dies war das Wichtige - und auch das Neue - an Brunos Idee.

 

Das Leben in der Kölner Kartause im 14.JH
Das Leben in der Kölner Stadt-Kartause war von einigen Unterschieden zu den Kartausen auf dem Land gekennzeichnet.
Leben_kartaeuser.pdf
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Ein ehemaliger Kartäuser erzählt:

“Dies ist der Weg, auf dem wir durch die Gnade des Herrn zur Vollkommenheit der Liebe, die das Ziel unserer Profeß und des ganzen Mönchslebens ist, gelangen und hierauf die ewige Seligkeit erreichen können.”

Statuten des Ordens der Karthäuser, Vorrede



Karthäuser Bruder Johannes Maria

Manfred, ehemals Karthäuser Ordensbruder ‘Johannes-Maria’ und heute als Yogi mit dem Namen Atmaram, hat sich als 12 Jähriger bereits zu einem Leben als Mönch hingezogen gefühlt, mit 20 ist er dann in den katholischen Orden der Karthäuser eingetreten. Dort hat er insgesamt 18 Jahre gelebt und hat sich dann allerdings in den letzten Jahren seines Mönchslebens entschieden, wieder ein normales Leben zu führen.

Heute lebt er als Yogi in einer Beziehung und reflektiert über seine Erfahrungen als Einsiedelmönch. Ich kenne Manfred seit einigen Jahren und schätze seine kraftvolle und ruhige Ausstrahlung sehr. Bei unserer Begegnung im Juni`12 habe ich die Gelegenheit genutzt ihn zu interviewen, ich denke das Gespräch gib einen guten Eindruck darüber wie sich das Leben im Karthäuser Orden zuträgt.

Eine Stunde mit einem ehemaligen Kartäuser

Die Internetseite „machshell“ (http://machshell.de/karthaeuser-moench-bruder-interview/) veröffentlichte am 18. Juni 2012 ein Gespräch mit einem ehemaligen Kartäuser. Manfred, als Kartäuser-Bruder Johannes Maria, lebe 16 Jahre in der Kartause Marienau, in die er im Alter von zwanzig Jahren eingetreten ist.
Obgleich ich einige Aussagen aus katholischer Sicht nicht ohne weiteres nachvollziehen kann, so ist dieses Interview doch interessant und informativ; jedem zu empfehlen, der etwas über das Leben der Kartäuser und zum geistlichen Leben hören möchte. Sehr persönliche und ehrliche Ansichten und Berichte beeindrucken durch ihre Einfachheit und Ehrlichkeit.
Der Zuhörer erfährt auch ganz einfache Dinge, die man nirgends lesen kann: z. B. dass ein Bruder ohne weiteres beim Nachtoffizium vermisst werden kann und dass er dann vorsichtig in seiner Zelle erinnert wird. Ebenso gibt es auch tiefe Einblicke in das geistliche Tun und des sich beschenken lassen. Der heute 38 jährige ist in der Einsamkeit in eine tiefe Krise gearaten, hervorgerufen durch tiefgreifende sexuelle Probleme, die plötzlich den jungen Mönch stark beeindruckten. 
Glücklicherweise handelt es sich vordergründig um keinen rückwärtsgewandten ("die ersten zehn Jahre waren die glücklichsten meines Lebens") und besserwisserischen Rundumschlag auf eine unglückliche Vergangenheit. Dennoch gibt es einige Aussagen, die "im Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils" beurteilt werden und schlichtweg eine irreguläre Beurteilung sind.
Die ca.56 Gesprächsminuten geben einen persönlichen und behutsamen Eindruck auf einen geistlichen Menschen frei. Doch bedauerlicherweise wird am Ende des Interviews doch deutlich, dass sich der ehemalige Kartäuser vom katholischen Glauben entfernt hat.
Hier zum Interview:

Jakob von Paradies, ein "Reformator" vor der Reformation?

Jakob von Paradies, ein Kartäusermönch und "Reformator" vor der Reformation!
Jakob von Paradies (1381-1465), auch unter den Namen Jakob von Jüterbog, Jakob der Kartäuser, Jakob von Krakau, Jakob von Erfurt, Jakob aus Polen, Jakob von Mogiła oder einfach als Jakob der Zisterzienser bekannt, ist eine besondere Erscheinung in der Geschichte des Mittelalters1. Seine überaus konsequente Lebensführung und seine ausgeprägten, von Kontrasten gekennzeichneten Ansichten gingen mit einer tiefgehenden Sorge um die Einheit der europäischen Christianitas einher, was dazu geführt hat, dass seine Person jahrelange Streits und Kontroversen hervorgerufen hat. In der Tat war es vor allem heftige Kritik an den damaligen Verhältnissen in Gesellschaft, Religion und Wissenschaft, die sein Schaffen prägte.
 
In seiner lateinischen Ursprungsform reformatio (wörtlich: Erneuerung, Wiederherstellung) gaben erstmals Seneca und Plinius der Jüngere dem Reformationsbegriff die Bedeutung einer Korrektur moralischer, pädagogischer oder politischer Verfallserscheinungen durch Rückkehr zu einem früheren Zustand.
 
Eine spezifisch heilsgeschichtlich-eschatologische Prägung erfuhr der Begriff durch die lateinischen Kirchenväter, welche unter reformatio die Erneuerung und Vollendung des durch Sünde „deformierten“ Glaubenden verstanden.
In dieser Bedeutung wurde er zum Leitbegriff mittelalterlicher Reformbestrebungen, welche spätestens seit Benedikt von Nursia (480/490-555/560), dem Ordensgründer der Benediktiner, innerhalb der christlichen Kirche verzeichnet werden können.
 
Im 14. und 15. Jahrhundert erwuchsen diese Bestrebungen, angesichts der seit dem großen abendländischen Schisma immer offensichtlicher werdenden Verfallserscheinungen, in eine neue Dimension und förderten die Ausprägung des Konziliarismus’ und verschiedener Frömmigkeitsbewegungen.
 
In diese Zeit fällt das Wirken Jakobs von Paradies (1381-1465). Als einer der führenden Reformtheologen seiner Zeit verfasste der 1442 in den Kartäuserorden übergetretene Zisterzienser unter dem Eindruck der Deutschen Mystik und der von den Niederlanden ausgehenden Devotio moderna eine Fülle von Traktaten, Quaestionenreihen und Predigtzyklen, welche bis 1520 eine rege Rezeption im Kartäuserorden, in verbundenen Klöstern, im Weltklerus und an den Universitäten erfuhr.
 
Prima facie scheint der Charakterisierung Jakobs als „Reformator“ mithin nichts im Wege zu stehen.
 
Diesem weiten Reformationsbegriff folgt die vorliegende Untersuchung jedoch ausdrücklich nicht. Wenn im Folgenden von „Reformation“ die Rede ist, so ist damit vielmehr das durch Martin Luthers Ablassthesen am 31. Oktober 1517 ausgelöste historische Phänomen des 16. Jahrhunderts gemeint.
 
Indem sie wesentliche Aspekte des theologischen Gesamtkonzepts Jakobs von Paradies in direkten Vergleich zur Theologie Martin Luthers setzt, widmet sich die folgende Untersuchung der Frage, ob und inwiefern man Jakob von Paradies als „Reformator vor der Reformation“ bezeichnen kann.
 

Authentische Zusammenfassung der Spiritualität und geistigen Physiognomie des Kartäuserordens. (1/14)

In diesem Geiste wird der Kartäuser gebildet. Diese Lebensformung und Geisteshaltung ist aber nicht nur für ihn, sondern für ALLE, – auch in der Welt lebend, – welche dem Ideal des vollkommenen Christen nachstreben.

Einzig „Die Mittel“ (speziell die Einsamkeit) bedürfen der Anpassung an die jeweiligen Berufsverhältnisse.

Alles Leben ist geheimnisvoll in seinem Ursprung und in seiner Tätigkeit. Das geistliche Leben, das tiefste und wahrste Leben, ist auch das geheimnisvollste und unerklärlichste, so einfach und so geistig, daß es alle Worte und Ausdrucksmöglichkeiten sprengt.

Jene, welche davon gesprochen haben, mussten, um überhaupt von der Welt verstanden zu werden, nur einige mehr äußerliche Seiten zeigen, nur die weniger wichtigen Merkmale aufdecken; aber „alle Schönheit der Königstochter ist innen” (Ps 44).

Das kontemplative Leben ist eine einfache Tätigkeit; es kann aber nach verschiedenen Seiten hin betrachtet werden: nach den äußern und relativen Erscheinungsformen und Wirkungsweisen, oder nach seinem inneren Wesen, zugänglich allein für reine Liebe.

Rein äußerlich erfordert das Leben eines kontemplativen Religiösen gewisse Bedingungen, gleichsam als Festungswall gegen Welt und Sünde, um dem alten Menschen abzusterben und zum Leben der Gnade neu zu erstehen.

Seine erste Wirkung ist, daß es den Menschen, der sich ihm hingibt, heiligt und sein Leben einheitlich und harmonisch gestaltet.

Seine zweite Wirkung, reicher und vornehmer, ist die Erweckung der Seelen zum Leben der Gnade, durch die Kraft des Opfers und Gebetes.

Doch diese beiden Wirkungen sind nur Ausstrahlungen des Lebens der Vereinigung, noch nicht sein Mittelpunkt und Herdfeuer.

(vgl.: Das weiße Paradies. Ein Kartäuser spricht.)